Ausblick |
Die fünf Profile sind in den biblischen Schriften enthalten, die in den Kanon aufgenommen und damit als verbindlich erklärt worden sind. Kanonisiert wurden nicht nur die verschiedenen Bücher und die einzelnen Profilen. Kanonisiert wurde gerade auch die Vielfalt. In diesem Sinn entwickelt Pablo Richard im Blick auf die ersten beiden Jahrhundert der Jesusbewegung ein Kriterium für die Unterscheidung von Orthodoxie und Häresie.
„In diesen ersten hundert Jahren des Christentums (30-135 n. Chr.) schliesst die Orthodoxie (die richtige Meinung vom griechischen doxa orthé) .... eine .... grosse Vielfalt von Meinungen und Strömungen. Es ist wichtig, diese Pluralität der Anfangszeit und die ursprüngliche Gleichsetzung von Orthodoxie mit Pluralität zu betonen ... Die Entstehung des neutestamentlichen Kanons wird nichts anderes sein als die Kanonisierung dieser Pluralität.1"
Ausblick: Eine größere Vielfalt als diejenige, die wir in den unterschiedlichen Traditionen und Profilen der Urkunden christlichen Glaubens kennen gelernt haben, begegnet uns auch in den heiligen Schriften anderer Religionen. Ihre Inhalte sind teilweise gemeinsam, teilweise different. Die größten Gemeinsamkeiten bestehen natürlich zur hebräischen Bibel, deren Erbe christlicher Glaube wurde. Aber auch zu den heiligen Schriften des Islam, des Hinduismus und Buddhismus und weiterer Religionen lassen sich Gemeinsamkeiten und Differenzen feststellen. Es wird die Aufgabe eines die christliche Ökumene öffnenden Dialoges sein, ausgehend von unserer Praxis und ihren Optionen die heiligen Schriften anderer Religionen mit deren Gläubigen gemeinsam zu lesen, um unsere Praxis wechselseitig zu fördern, unsere Spiritualität gegenseitig zu bereichern und unseren Glauben jeweils zu bestärken. Der Dialog zwischen den Religionen im Interesse von Gerechtigkeit, Frieden und der Erhaltung der natürlichen Lebensbedingungen steht unseres Erachtens nach der eigenen Vergewisserung jetzt dringlich auf der Tagesordnung.